Vor etwas mehr als einer Woche testete der Goldpreis seine Unterstützung bei 1.800 US-Dollar unter fundamentaler Schwäche. Steigende Zinsen, ein starker US-Dollar, QT-Programme und die Schrumpfung der Kreditgeldmenge der Banken, sowie eine aufziehende Rezession waren Faktoren, die den Goldpreis tendenziell belasteten und nicht gerade eine neue Rallye des Preises in Aussicht stellten. Immerhin hatte sich der Terminmarkt in dem letzten Preiseinbruch größtenteils von seiner bullischen Spekulation bereinigt, was der wichtigen Unterstützung bei 1.800 US-Dollar größere Bedeutung verlieh. Da mein Korrekturziel für den Goldpreis abgearbeitet wurde, empfahl ich den Gewinn von fast 200 US-Dollar je Feinunze aus unserem Trade auf einen fallenden Goldpreis zu realisieren und gleichzeitig die Seite zu wechseln, um auf eine technische Gegenbewegung des Goldpreises bis ca. 1.870 US-Dollar zu wetten.
Der Oldie „What a difference a day made“ von Jamie Cullum beschreibt treffend die plötzliche Auswirkung auf den Goldpreis aufgrund eines einzelnen exogenen Faktors, der am vorletzten Wochenende aus dem Nichts auf die Märkte traf. Mit dem überraschenden Kriegsbeginn im Nahen Osten setzte eine reflexartige Flucht in den sicheren Hafen des Goldes ein, was aus einer begrenzten technischen Gegenbewegung einen Preissprung um 110 US-Dollar je Feinunze machte mit dem Potenzial für mehr.
Eine Ausweitung des Konflikts auf die USA und weitere Nationen würde die Staatsausgaben und so die Verschuldung anheizen und die restriktive Geldpolitik beenden, was die Märkte sofort einpreisten. Da das Sentiment am Terminmarkt für Gold mittlerweile größtenteils pessimistisch war, kam es infolge des Kriegsausbruchs zur Eindeckung dieser Shortpositionen bis hin zu einem Short-Squeeze. Während neue Käufer in den Goldmarkt strömten und andere Händler ihre Shortpositionen schlossen, fehlten neue Verkäufer, da in dieser Situation kein Trader mehr auf einen fallenden Goldpreis wetten wollte. Käufer kamen hinzu, während die Verkäufer verschwanden, weshalb der Goldpreis wie eine Rakete um mehr als 100 US-Dollar bis zu seinem Abwärtstrend bei 1.920 US-Dollar nach oben schoss mit einem Hoch bei 1.933 US-Dollar. Erst an diesem Widerstand kam es zu ersten Gewinnmitnahmen und einer Pause des Preisanstiegs, die zum Beginn der neuen Woche noch anhält. What a difference a day made.
Terminmarkt zeigt, wie die Spekulanten überrollt wurden
Der neueste Terminmarktreport für den Goldmarkt vom Freitag zeigte erstaunliche Veränderungen an der COMEX. Der Goldpreis stieg um 35 US-Dollar zum Stichtag Dienstag vergangener Woche an, obwohl die Spekulanten mit 21,5 Tsd. Kontrakten Short gingen. Obwohl der Preis also deutlich anstieg, wetteten Spekulanten trendfolgend auf eine weitere Korrektur des Goldpreises und erhöhten ihre Shortpositionen. Das ist sehr außergewöhnlich und unterstreicht noch einmal die plötzliche Lageänderung am Goldmarkt und wie die Shortseller dabei überrollt wurden. Das erklärt auch den Short-Squeeze, den wir am Freitag mit einem Preissprung um 60 US-Dollar im Goldpreis sahen. Außerdem zeigt dies, dass es plötzlich hohe physische Nachfrage gab und der Preisanstieg initial nicht über den Terminmarkt erfolgte. Anstatt einer Verschlechterung der Positionierung am Terminmarkt, sehen wir mit einem CoT-Index von 89 Punkten nun eine Verbesserung, womit grundsätzlich mehr Potenzial nach oben vorhanden wäre, wenn die Unsicherheiten fortbestehen oder die Lage im Nahen Osten weiter eskaliert.
Die Spekulanten gingen zum Beginn der letzten Wochen Short und die CoT-Daten sind nun im bullischen Bereich angelangt
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Weiterer Kriegsverlauf entscheidend
Bullisch für den Goldpreis sind also die Terminmarktdaten und die Möglichkeit einer Ausweitung des Krieges, was eine lockerere Geldpolitik nach sich ziehen könnte, was aktuell bereits eingepreist wird.
Bärisch für den Goldpreis sind hingegen die hohen Zinsen, die weiter ansteigen könnten, der starke US-Dollar, der weiter zulegen könnte, die schrumpfenden Geldmenge und die aufziehende Rezession, die zu einer Deflation führen würde, wie die bereits schrumpfende Kreditgeldmenge der Banken zeigt.
Eskaliert die Lage im Nahen Osten, so verlieren die bärischen Faktoren an Bedeutung oder verschwinden teilweise aufgrund einer möglichen Änderung in der Geldpolitik, während die bullischen Faktoren fortbestehen. Dies würde den Goldpreis weiter stützen.
Kommt es jedoch nicht zu der gefürchteten Ausweitung des Konfliktes, könnte sich das Blatt schnell wieder drehen und der Goldpreis nach einer Konsolidierung über wenige Wochen seinen alten Abwärtstrend fortsetzen, wenn die bärischen Faktoren bestehen bleiben.
Kurzfristig ist also die Entwicklung des Krieges entscheidend, wohin der Edelmetallmarkt tendiert, allen voran der Goldpreis. Trader sind gut beraten ihr Risiko gut zu managen. Wir hatten Glück, da wir bei 1.800 US-Dollar ein Kaufsignal für eine Gegenbewegung hatten und nun mit komfortablen Plus und Stop-Loss im Markt einfach abwarten können. Wäre der Krieg eine Woche früher ausgebrochen, hätte es uns mit unseren Shorts auf kaltem Fuß erwischt und wir hätten die Shorts eindecken müssen, bevor das Ziel bei 1.800 US-Dollar erreicht worden wäre. Eine Long-Position hätten wir dann wahrscheinlich nicht mehr in den Markt bekommen.
Politische Börsen haben kurze Beine
Der Kriegsausbruch in der Ukraine im Februar 2022 ist ein Beispiel dafür, wie schnell sich das Blatt am Goldmarkt wenden kann und warum die FOMO (Fear Of Missing Out), die Angst etwas zu verpassen, kein guter Handelsansatz ist. Der Goldpreis stieg schnell mit dem Kriegsausbruch in der Ukraine von 1.900 US-Dollar auf 2.070 US-Dollar in der Spitze an, wobei ich mit meinen Kunden Long war. Ziemlich genau zum Top verkauften wir jedoch bei 2.050 US-Dollar und ich wechselte mit meinen Kunden auf die Shortseite. Das Umfeld war zuvor schon überhitzt und wir behielten letztlich recht, denn der Goldpreis fiel in den folgenden 7 Monaten um 430 US-Dollar auf 1.620 US-Dollar je Feinunze. Die originalen Handelssignale sehen Sie im Chart. Der Krieg in der Ukraine dauert bis zum heutigen Tag an und es kam nicht zum gefürchteten Weltkrieg. Politische Börsen haben meist kurze Beine und als Trader sollte man nicht aufgrund von Angst oder Gier eine Position im Markt eröffnen.
Aufgrund des Krieges prallte der Goldpreis förmlich von seiner Unterstützung bei 1.800 US-Dollar ab
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When in doubt, stay out
Wir hatten Glück, da ich mit meinen Premium-Abonnenten in der Woche vor dem Kriegsausbruch im Mittleren Osten Long gegangen war, sodass wir auf der richtigen Seite des Marktes standen. Da eine derartige Rallye zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht absehbar war, warteten einige Marktteilnehmer ab und hofften auf tiefere Preise in den nächsten Wochen und Monaten, was ohne den Krieg eine rationale Entscheidung war.
Da der Goldpreis jetzt jedoch durch die Decke ging, haben viele Investoren, die bis dato auf der Seitenlinie stehen, Angst eine weitere Rallye zu verpassen und sind versucht nach einem Anstieg von 100 US-Dollar dem Markt hinterherzulaufen und ebenfalls eine Long-Position zu eröffnen. Da Daytrader mit gutem Money- und Riskmanagement schon bei ca. 1.810 US-Dollar bis 1.820 US-Dollar gekauft haben, dürfte es sich bei jenen, die auf der Seitenlinie stehen, zumeist eher um langsamer agierende Investoren mit einem mittelfristigen Zeithorizont handeln. Wer dem Preis jetzt hinterherläuft, der muss sich bewusst sein, dass man möglicherweise überrollt wird, wenn der Abwärtstrend intakt bleibt, sollte sich die Lage im Nahen Osten beruhigen. Wer jetzt noch eine Long-Position eröffnen möchte, sollte sich nur mit einer Teilposition Stück um Stück in den Markt tasten, da dieser womöglich schnell gegen einen laufen könnte.
Wer als kurzfristig agierender Trader bis dato nicht dabei war, der wartet wahrscheinlich besser ab, bis der Abwärtstrend nachhaltig gebrochen oder gehalten wurde, um Long oder Short in den Markt zu gehen. Wer damit nicht umgehen kann, der sollte warten, bis sich eine neue und bessere Chance am Markt auftut nach dem Motto: „When in doubt, stay out“.
Goldminenaktien
Auch der HUI-Goldminenindex hatte meine Kaufzone bei unter 200 Punkten erreicht, nachdem ich mit meinen Abonnenten im April und Mai bei 280 Punkten Gewinne mitgenommen hatte. Vorletzte Woche war der ZeitpuNahnkt gekommen, um Short-Trades zu schließen und Minenaktien günstiger wieder zurückzukaufen. In den letzten anderthalb Wochen stieg der HUI-Goldminenindex um über 12 % an, wobei einige Minenaktien sogar 25 % - 30 % zulegten. Da sich die Terminmarktdaten für Gold zuletzt so verbessert haben und die Minenaktien günstig sind, gibt es mehr Potenzial nach oben als Risiko nach unten. Dies galt insbesondere bei unter 200 Punkten im HUI. Wer also in dieser Zone gekauft hat, sollte an dieser Position die nächsten 1-2 Jahre einfach festhalten, zumindest bis es weiter oben wieder ein Verkaufssignal gibt. Ein Stop-Loss auf Break Even sichert für das Worst-Case-Szenario eines deflationären Crashs ab. Sollte der Krieg eskalieren und die Minen weiter ansteigen, während die Notenbanken ihre Geldpolitik lockeren, sollte man sukzessive die Long-Position vergrößern.
Unser Ziel wurde abgearbeitet und die Kaufzone erreicht