Der Goldpreis stieg vergangene Woche auf ein neues Allzeithoch bei 2.222 US-Dollar an, nachdem der Zinsentscheid der US-Notenbank (Fed) am Mittwochabend weniger restriktiv war, als die Märkte befürchtet hatten. Seit Mitte Februar kann Gold somit ein Plus von 11 % verbuchen. Spekulative Käufe hatten diesen Anstieg unterstützt, nachdem der Goldpreis auf den Zinsentscheid hin aus einer Konsolidierungsformation bullisch ausbrechen konnte, was Anschlusskäufe nach sich zog. Zum Wochenschluss fiel der Preis jedoch wieder zurück auf das vorherige Ausbruchsniveau mit einem Tief bei 2.156 US-Dollar je Feinunze, anstatt weiter anzusteigen. Solange die aktuell wichtige Unterstützung bei 2.150 US-Dollar nicht wieder nach unten durchbrochen wird, besteht eine gute Chance, dass sich die Rallye in den nächsten Wochen fortsetzen kann.
Der Fed-Zinsentscheid brachte einen Ausbruch aus der Konsolidierung. Jetzt müssen Anschlusskäufe folgen und den Ausbruch bestätigen
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Ende Februar konnte der Goldpreis aus seiner mehrmonatigen Handelsspanne zwischen 1.980 US-Dollar und 2.080 US-Dollar bullisch ausbrechen, nachdem Fed-Gouverneur Waller in einer Rede erstmals ein Ende des QT-Programms in Aussicht gestellt hatte. Die Fed hatte im Rahmen des QT-Programms ihre Bilanz in den letzten beiden Jahren verringert und somit dem Markt 1,5 Billionen US-Dollar an Liquidität entzogen, was die Märkte tendenziell belastet hatte. Ein Ende der restriktiven Geldpolitik war seit 2008 auch immer der Anfang einer neuen lockeren Geldpolitik mit später folgenden QE-Programme als Antwort auf Krisen, weshalb viele Spekulanten und Investoren in dem Ende des QT-Programms ein erstes frühes Kaufsignal für Gold sahen. Seither stieg der Goldpreis in der Spitze um mehr als 170 US-Dollar je Feinunze an. US-Notenbankchef Jerome Powell hatte auf seiner Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch bestätigt, dass eine Verlangsamung des QT-Programms bereits in Aussicht sei, was sehr bullisch für den Goldpreis ist.
Die US-Notenbank entzog dem Markt 1,5 Billionen US-Dollar in den letzten zwei Jahren durch die QT-Programme
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Weiterhin wurden die zuletzt heißeren US-Inflationszahlen von Powell als "holpriger Weg in Richtung des Ziels von zwei Prozent“ heruntergespielt, was den US-Dollar schwächt und den Goldpreis diametral gegensätzlich stärkt. Der Offenmarktausschuss beließ den Leitzins in der Spanne von 5,25 % bis 5,5 % und auch die mittlere Schätzung für die Zinssätze bis zum Jahresende blieb unverändert, sodass bis dahin drei Zinssenkungen um jeweils einen Viertelpunkt erwartet werden. Die Märkte fürchteten, dass man die Zinssenkungen für dieses Jahr von drei auf zwei senken würde, nachdem sich die Inflation in den USA zuletzt heißer zeigte. Der längerfristige Zinsausblick anhand des Dot-Plots war jedoch etwas hawkisher, was Powell in der folgenden Pressekonferenz jedoch ebenso herunterspielte und damit den Goldpreis weiterhin befeuerte. Berücksichtigt man die Rede von US-Notenbankchef Powell im Anschluss an den Zinsentscheid, so war dieser dovisher als die Markterwartung, was den US-Dollar schwächte und den Weg für eine Fortsetzung der Rallye am Goldmarkt ebnete.
Goldminenaktien noch immer im Winterschlaf
Während der Goldpreis ein neues Allzeithoch nach dem anderen erklimmt, werden die Goldminenaktien noch immer von Investoren geschmäht. Der HUI-Goldminenindex handelt aktuell über 60 % unter seinem Allzeithoch aus dem Jahr 2011, was Mineninvestoren, die diesen Markt nicht aktiv traden, frustriert. Der HUI Goldminenindex notiert aktuell bei 232 Punkten und damit gerade einmal 15 % über den Tiefs der letzten beiden Jahre. Sollte der Goldpreis seine Reise zum Mond fortsetzen können und bis in den Bereich von 2.300 US-Dollar bis 2.400 US-Dollar vordringen, ist mit einer verspäteten Rallye der Goldminenaktien zu rechnen, wobei der HUI bis in den Bereich von 330 bis 370 Punkte vordringen sollte.
Die Goldminenaktien konnten von der Rallye am Goldmarkt bisher wenig profitieren
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Goldpreis koppelt sich ab
Aktuell erleben wir eine untypische Rallye am Goldmarkt, die primär auf den gigantischen Käufen östlicher Notenbanken gründen dürfte. Das Sentiment am Goldmarkt ist bereits seit längerer Zeit sehr bullisch, die Liquidität nahm durch die QT-Programme ab, die ETF-Produkte erlitten Abflüsse und die hohen Zinsen, sowie die hausierenden Aktien- und Kryptomärkte stehen in Konkurrenz mit dem Goldmarkt. Alles Faktoren, die normalerweise nicht bullisch für den Goldpreis wären. Gold haussiert dennoch isoliert vom Rest der Edelmetalle, was historisch gesehen außergewöhnlich ist. Wir erleben aktuell eine Abkopplung des Goldpreises von klassischen Korrelationen und Marktverhalten der letzten vierzig Jahre.
Beispielsweise kann der Silberpreis von der Rallye am Goldmarkt bisher kaum profitieren und handelt aktuell mit 24,60 US-Dollar noch weit unter seinem Hoch von 50 US-Dollar aus dem Jahr 2011. Die neuesten Terminmarktdaten für Silber vom Freitag zeigen, dass Spekulanten auf eine Aufholjagd des Silber- zum Goldpreis wetten, doch bleibt die Rallye bisher aus. Dies zeugt diametral gegensätzlich zum Goldmarkt von einem aktuell noch bestehenden Überangebot am physischen Silbermarkt. Es ist möglich, dass erst einige Zeit vergehen muss, bis die gestiegene Investmentnachfrage ein Defizit am physischen Silbermarkt nach sich ziehen wird und der Silberpreis mit Verspätung zum Goldpreis aufholen kann. Der CoT-Report der US-Terminmarktaufsicht zeigt aktuell jedoch, dass der Silbermarkt nach klassischen Maßstäben extrem überkauft ist, was sonst immer nur an Hochpunkten am Gold- und Silbermarkt der Fall war, jedoch nie vor einer Rallye des Gold- und Silberpreises.
Weltweit befinden sich die Aktienmärkte in einem irrationalen Überschwang, was bereits viele Sentiment-Indikatoren anzeigen. Die Vermögensverwalter halten aktuell die größte Futures-Longposition auf US-Aktien seit der großen Finanzkrise von 2008. Der historisch hohe Zinsanstieg und die bisher ausgebliebene Rezession sind Risikofaktoren, die jederzeit die Märkte treffen können. Sollte es zu einem endogenen deflationären Crash an den Märkten kommen im Zuge einer Rezession oder dieser aufgrund exogener Faktoren seinen Anfang finden, so würden nicht nur die Aktien- und Kryptomärkte darunter leiden, sondern vermutlich auch der Goldpreis für eine gewisse Zeit. Erst mit dem Eingreifen der Notenbanken mittels neuer QE-Programme, um das Banken- und Kreditgeldsystem vor einem deflationären Crash oder einer Krise zu schützen, wäre der Weg für den Goldpreis nach oben frei, im Zuge weiterer Abwertungen der internationalen Fiat-Währungen. Mit neuen QE-Programmen wären dann auch 3.000 US-Dollar je Feinunze binnen ein bis zwei Jahren nach dem Start des Gelddruckens denkbar.
Aus Sicht des Traders ist dieser Preisanstieg jedoch äußerst untypisch und die Indikatoren widersprüchlich zum aktuellen Zeitpunkt, weshalb ich argwöhnisch bin. Solange der Goldpreis oberhalb der Unterstützung von 2.150 US-Dollar handelt, folgen wir der Stärke am Goldmarkt und hoffen auf eine Aufholjagd des Silberpreises und der Goldminenaktien. Sollte der Goldpreis jedoch unter die genannte Unterstützung fallen und infolgedessen zurück auf das alte Allzeithoch bei 2.080 US-Dollar, so sollte man das Risiko im Trading konsequent managen und reduzieren.
Trader folgen aktuell der Rallye am Goldmarkt und angesichts der Probleme gerade im Euroraum aufgrund des Kriegs in der Ukraine, des historisch hohen Zinsanstiegs und den weltweit höchsten Energiepreisen steuert die europäische Wirtschaft auf eine Rezession zu, auf die die Staaten mit der Aufnahme neuer Schulden und die Notenbanken mit dem Drucken von Geld aus dem Nichts reagieren werden. Es gibt also gerade für uns Europäer genügend Gründe, um weiterhin Ersparnisse in den sicheren Hafen des Goldes zu allozieren, um einem weiteren Inflationsschub zuvorzukommen.