Seit dem Handelsschluss am Freitag zu Halloween ist der Goldpreis unter die psychologisch wichtige Marke von 4.000 US-Dollar gefallen und erreichte am Dienstagabend ein Tief bei 3.929 US-Dollar. Gleichzeitig stieg der US-Dollar-Index auf ein Drei-Monats-Hoch von 100 Punkten, während der Euro auf 1,15 US-Dollar fiel und dabei eine bedeutende Unterstützung unterschritt. Damit deutet sich, wie bereits seit einigen Wochen erwartet, eine größere Trendwende zwischen Euro und US-Dollar an, die den Goldpreis tendenziell belasten könnte.
US-Dollar stark nach hawkisher Fed – Zinssenkung im Dezember fraglich
Die US-Notenbank (Fed) hatte am Mittwochabend ihre Zinsen um 25 Basispunkte gesenkt, doch zeigte sich Fed-Chef Powell auf seiner anschließenden Pressekonferenz hawkish und sagte, eine weitere Zinssenkung im Dezember sei „keineswegs ausgemachte Sache, ganz im Gegenteil“. Diese gesunkene Wahrscheinlichkeit auf eine Zinssenkung im Dezember hatte den US-Dollar nochmals gestützt und belastet seither den Goldpreis, wie bereits prognostiziert. Der noch immer extrem überverkaufte US-Dollar steht womöglich am Anfang einer mittelfristigen Trendwende, was den Goldpreis in den nächsten Monaten tendenziell belasten könnte. Nach den Fed Funds Futures erwartet der Markt trotzdem mit einer Wahrscheinlichkeit von 74 % eine Zinssenkung am 10. Dezember, wobei es in der Vorwoche noch über 90 % waren.
Sentiment bleibt bullisch – kurzfristig Risiko weiterer Korrektur
Aufgrund des Government-Shutdowns in den USA fehlen weiterhin neue CoT-Daten seitens der Terminmarktaufsicht CFTC und somit wichtige Informationen über das Marktgeschehen. Es lässt sich dennoch beobachten, dass das Sentiment unverändert bullisch ist und Schnäppchenjäger die Preisrückgänge bei Gold und Silber als Gelegenheit nutzen und erneut kaufen, in der Hoffnung, die Rallye werde sich in Bälde fortsetzen, obwohl wichtige Aufwärtstrends bereits gebrochen wurden.
Belastend für den Goldpreis dürften auch Sorgen um die chinesische Nachfrage sein, nachdem in China langjährige Steuervergünstigungen aufgehoben wurden. Einzelhändler in China dürfen nicht länger die Mehrwertsteuer vollständig absetzen, wenn sie Gold verkaufen, das sie von Börsen erworben haben. Früher konnten sie die 13-prozentige Umsatzsteuer komplett verrechnen, was nun auf 6 Prozent reduziert wurde. Für reines Investmentgold (wie Barren oder Ingots) bleibt die volle Absetzbarkeit bestehen. Es handelt sich also nicht um eine vollständige Aufhebung, sondern um eine teilweise Reduktion der Vergünstigung von 13 auf 6 Prozent für Unternehmen, die Gold für die Herstellung von Schmuck, industriellen Anwendungen oder in anderen Produkten verwenden. Die negativen Auswirkungen auf die Gesamtnachfrage Chinas dürften daher gering sein.
Die jüngste Schwäche des Goldpreises in den vergangenen zwei Wochen spiegelt eine Abkehr vieler Investoren von defensiven Strategien wider, da geopolitische Risiken weniger bedrohlich eingeschätzt wurden und man auf eine dovishe Haltung der Fed hoffte. Seit der letzten Notenbanksitzung fallen jedoch sowohl der Aktien- als auch der Kryptomarkt gemeinsam mit dem Goldpreis, was bemerkenswert ist. Der Goldpreis handelt inzwischen unterhalb seines Aufwärtstrends, womit die Zeichen weiterhin auf Korrektur oder Konsolidierung stehen. Charttechnisch hatte sich der Preis zuvor in einer immer enger werdenden Formation eingekeilt, die in dieser Woche bärisch aufgelöst wurde, was auf eine Fortsetzung der Korrektur in den kommenden Wochen hindeutet.
ETF-Zuflüsse drehen abrupt – taktisches Handeln wieder gefragt
In den vergangenen vier Monaten kam es am Goldmarkt zu massiven Mittelzuflüssen von rund 59 Milliarden US-Dollar in physisch hinterlegte ETF-Produkte. In der vergangenen Woche folgte jedoch eine abrupte Trendwende, als mit einem Abfluss von 7,5 Milliarden US-Dollar der größte wöchentliche Kapitalabzug aller Zeiten verzeichnet wurde.
Im dritten Quartal 2025 beliefen sich die weltweiten ETF-Zuflüsse auf 222 Tonnen, den zweithöchsten Wert seit 2021. Seit Jahresbeginn summiert sich die ETF-Nachfrage auf rund 619 Tonnen. Diese Entwicklung zeigt, dass in den vergangenen Monaten vor allem momentumgetriebene Investoren auf der Suche nach schnellen Gewinnen und aus Angst, die Rallye zu verpassen, in den Goldmarkt geströmt sind. Die aktuellen Gewinnmitnahmen belegen dies und stellen zugleich die Basis des letzten starken Preisanstiegs seit August infrage.
Der Goldpreis dürfte in den kommenden Jahren weiter ansteigen, und Gold bleibt die wichtigste strategische Absicherung in einem Depot gegen den Kaufkraftverlust der Fiat-Währungen. Nach der Rallye der vergangenen beiden Jahre hat jedoch eine volatilere Marktphase begonnen, in der es entscheidend ist, auch taktisch vorzugehen, Gewinne gezielt mitzunehmen und kurzfristige Korrekturen aktiv zu nutzen. Wer diese Marktphasen erfolgreich navigieren will, findet in unserem Premium-Research fundierte Analysen und klare Handlungsstrategien.
Silberpreis noch weit von historischem Allzeithoch entfernt
Das Gold-Silber-Ratio handelte zu Jahresbeginn noch bei über 100, was auf eine historische Unterbewertung des Silberpreises hinwies. Dies bot die Chance, mit dem Kauf von Silber den Goldpreis zu outperformen und mittel- bis langfristig nahezu sicher zu profitieren, sobald sich das Ratio wieder seinem historischen Mittel annähert.
Mittlerweile fiel das Ratio auf 83, während der Silberpreis kurzfristig ein neues Allzeithoch bei 54 US-Dollar je Feinunze erreichte. Ein Short-Squeeze war angesichts der zuletzt stark gestiegenen Investmentnachfrage durchaus möglich. Da das Gold-Silber-Ratio an Hochpunkten im Gold- und Silbermarkt historisch meist in den Bereich zwischen 50 und 30 fiel, zeigt dies, dass der Silberpreis trotz seiner Rallye weiterhin relativ günstig zum Goldpreis ist.
Das zeigt sich auch, wenn man Gold und Silber inflationsbereinigt betrachtet. Inflationsbereinigt lag das Allzeithoch des Goldpreises aus den Jahren 1980 und 2011 bei etwa 2.500 US-Dollar je Feinunze. Mit einem Hoch bei 4.400 US-Dollar hat der Goldpreis dieses inflationsbereinigte Niveau bereits deutlich überschritten. Dabei darf man nicht vergessen, dass die offizielle Inflationsrate aufgrund der statistischen Erfassungsmethode meist niedriger ausfällt, als sie tatsächlich ist. So werden im US-Verbraucherpreisindex (CPI) Preissteigerungen unter anderem durch Substitutionseffekte und sogenannte hedonische Anpassungen gedämpft, bei denen Qualitätsverbesserungen als Preissenkungen gewertet werden. Diese Methodik führt dazu, dass die reale Inflation häufig unterschätzt und die Kaufkraftverluste in der Praxis höher ausfallen, als es die offiziellen Zahlen vermuten lassen. Der Goldpreis bildet mit seiner durchschnittlichen Jahresrendite von 9 bis 10 % des realen Kaufkraftverlusts daher besser ab als die Inflationsrate.
Beim Silberpreis liegt das inflationsbereinigte Hoch aus dem Jahr 1980 derzeit bei rund 150 US-Dollar je Feinunze, was deutlich zeigt, dass hier noch erhebliches Aufwärtspotenzial besteht, bevor ein neues inflationsbereinigtes Allzeithoch erreicht wäre. In den kommenden Jahren könnte eine stark wachsende Investmentnachfrage zu einem Short-Squeeze an den Terminmärkten führen und den Silberpreis auf neue Rekordniveaus treiben. Angesichts dieses Chancenprofils sollte Silber weiterhin einen festen Platz in einem strategisch ausgerichteten Portfolio haben. Taktisch betrachtet wäre ein erneuter Rücksetzer in den Bereich zwischen 35 US-Dollar und 40 US-Dollar eine attraktive antizyklische Gelegenheit, um langfristige Longpositionen im Silbermarkt wieder aufzubauen.