Der Goldpreis fiel von seinem Wochenhoch bei 1.987 US-Dollar am Donnerstag auf 1.962 US-Dollar zum Wochenschluss, nachdem der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA mit 228 Tsd. die Markterwartung von 242 Tsd. übertrafen. Je stärker sich die US-Wirtschaft zeigt, desto mehr Marktteilnehmer erwarten bis Jahresende eine zweite Zinsanhebung der US-Notenbank. Einen Zinsschritt um 25 Basispunkte auf 5,25 % wird es in dieser Handelswoche am Mittwochabend geben. Die Fed Funds Futures preisen das mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,8 % ein, weshalb dieser Zinsschritt in den aktuellen Notierungen längst eskomptiert ist. Umso höher die Zinsen angehoben werden und je länger diese auf dem aktuell hohen Niveau verbleiben, desto stärker wird der US-Dollar, was wiederum den Goldpreis unter Druck setzt. De Leitzins liegt mittlerweile über der Inflationsrate in den USA, die zuletzt auf 3 % gesunken war, womit sich er Leitzins langsam einem fairen Niveau von 4 % oberhalb der Teuerung nähert. Spielraum für Zinssenkungen, die viele Marktteilnehmer erwarten, wäre aus dieser Perspektive nicht vorhanden, zumal die Kerninflationsrate im Juni noch bei 4,8 % lag.
Der USD-Index konnte sich in dieser Woche erholen und zum Wochenschluss wieder auf 100,81 Punkte ansteigen, nachdem dieser erst in der Vorwoche auf fast 99 Punkte eingebrochen war und so die Erholung des Goldpreises in US-Dollar befeuert hatte. Der Abgesang auf den Dollar ist aktuell allgegenwärtig und Spekulanten überbieten sich mit Crashszenarien. Es ist jedoch Vorsicht angesagt, denn an der Börse leben Totgesagte länger und erheben sich immer dann wie der Phönix aus der Asche, wenn niemand mehr daran glaubt. Der Euro und das britische Pfund sind aktuell überbewertet zum US-Dollar, worauf die US-Terminmarktdaten hinweisen, was in diesem Fall das weitere Korrekturpotenzial des USD-Index begrenzen würde.
EZB-Zinsentscheid am Donnerstag
Einen Tag nach dem Zinsentscheid der US-Notenbank, wird die Europäische Zentralbank am Donnerstagnachmittag ihren Leitzins wahrscheinlich ebenso um weitere 25 Basispunkte auf 4,25 % anheben. Die Märkte richten ihren Fokus darauf, ob die europäischen Geldpolitiker weitere Zinsanhebungen in Aussicht stellen. Die Märkte rechnen aktuell mit einem Zinsgipfel bzw. mit einem Ende der Zinsanhebungen in Europa nach einem letzten Zinsschritt auf 4,5 % im September.
Zinsanhebungen in dieser Woche können den Goldpreis stark beeinflussen
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Während der Goldpreis ein Wochenplus von 0,2 % vorweisen kann, verlor der Silber-Future 1,5 % auf 25,16 US-Dollar. Der Spotpreis fiel mit 25,60 US-Dollar sogar zurück auf die Unterstützung bei 25,50 US-Dollar, die entscheidend für den Silberpreis ist. Darunter würde der Silberpreis in die alte Handelsspanne zurückfallen und somit ein Verkaufssignal erzeugen, was jedoch erst geschehen dürfte, wenn auch der Goldpreis wieder unter die Unterstützung bei 1.960 US-Dollarfällt.
Vom Tief Mitte letzten Jahres bei 1.600 US-Dollar stieg der Goldpreis in der Spitze um 480 US-Dollar an. Spekulanten und Investoren kauften Gold in der Hoffnung auf frühzeitige Zinssenkungen und ein neues QE-Programm, das viele Marktteilnehmer fälschlicherweise in dem BTFP-Programm der Fed sahen und so frühzeitig kauften.
Mittlerweile haben sich die Gründe für die Rallye als falsch herausgestellt. Die Zinsen stiegen weiter und sollen länger auf diesem hohen Niveau verharren. Darüber hinaus werden die QT-Programme fortgesetzt und es gibt Deflation, anstatt einer neuen Inflation durch ein weiteres QE-Programm. Einerseits haben wir nicht das richtige Umfeld für eine Fortsetzung des Preisanstiegs und andererseits ist immer noch viel Spekulation im Markt, die sich in einem Preisrückgang auflösen könnte.
Nachdem Nullzinsen bereits über eine Dekade herrschten, dürften erneute Zinssenkungen keinen neuen Konjunkturzyklus mehr in Gang setzen können. Es ist daher fraglich, ob die Fed die Zinsen wieder deutlich senken wird – auch im Fall einer Rezession.
Erst wenn die US-Notenbanken mit neuen QE-Programmen als Antwort auf eine Rezession liebäugeln, wäre ein Setup für eine neue Rallye vorhanden. Bis es so weit kommt, sind eine trendlose volatile Phase für den Goldmarkt oder gar eine weitere Korrektur die wahrscheinlichsten Szenarien.
Der Goldpreis konnte die Woche mit einem leichten Plus beenden, während der Silberpreis ein Minus verbuchen musste
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Kosten der Goldminenunternehmen steigen wieder an
Die Kosten in der Goldminenindustrie sind im ersten Quartal 2023 wieder angestiegen und erreichten mit 1.358 US-Dollar pro Unze ein Rekordniveau, was einem Anstieg von 6 % im Vergleich zum vorherigen Quartal entspricht. Diese Zunahme wurde durch den Inflationsdruck auf die Inputkosten wie Arbeitskräfte, Treibstoff und Strom verursacht. Auch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und der Einmarsch Russlands in der Ukraine spielten eine Rolle. Die beiden größten Goldminengesellschaften, Newmont und Barrick, verzeichneten überdurchschnittliche Kostensteigerungen aufgrund spezifischer Minenfaktoren. Trotz der Herausforderungen im ersten Quartal 2023 bestätigten beide Unternehmen ihre AISC-Prognosen für das Jahr 2023 und erwarten eine Kostenreduktion im Laufe des Jahres aufgrund gesunkener Öl- und Gaspreise. Newmont rechnet mit jährlichen AISC zwischen 1.150 US-Dollar und 1.250 US-Dollar je Unze und Barrick mit 1.170 US-Dollar bis 1.250 US-Dollar je Unze.
Die durchschnittlichen globalen AISC erreichten in ersten Quartal 23 ein vierteljährliches Rekordhoch. Quelle: Metals Focus Gold Mine Cost Service
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Steigen die AISC, so steigen auch die operativen Kosten der Goldminenunternehmen. Wenn der Goldpreis nicht im gleichen Maße steigt, sinken deren Gewinnmargen und die Aktienkurse könne fallen. Die Minenaktien haben noch einen weiten Weg vor sich, um das Hoch des HUI-Goldminenindex bei 660 Punkten aus dem Jahr 2011 wieder zu erreichen.
Nachdem wir im April und Mai bei den Minen den Großteil der Gewinne eingestrichen haben, peilten wir die Marke von 220 Punkten in einer Korrektur an, die mit 225 Punkten fast erreicht wurde und die Chance bot, einige Goldminen zu deutlich tieferen Notierungen zurückzukaufen. So fiel die Aktie von Anglogold Ashanti nach ihrem raketenhaften Anstieg auf 30 US-Dollar wieder zurück auf 20 US-Dollar und eine Barrick Gold fiel von fast 21 US-Dollar zurück auf 16 US-Dollar.
Der HUI-Goldminenindex konnte sich mit dem Goldpreis in der vorletzten Handelswoche auf 244 Punkte erholen. Minenaktien handeln in der Regel mit einem Hebel zum Goldpreis und bilden zum gleichen Zeitpunkt zyklische Hochs und Tiefs aus. Sollte der Goldpreis noch einmal korrigieren und auch die Unterstützung bei 1.900 US-Dollar in den nächsten Wochen durchbrechen, so dürfte auch der HUI noch einmal bis in den Bereich von 200-220 Punkte fallen. Es gibt zwar noch deflationäre Risiken, doch auf Sicht von 12 Monaten sollte man dort ein gutes Kaufniveau vorfinden.
Goldminenaktien sind keine Witwe- und Waisenpapiere, sondern hochvolatil und eher für Trader, die auch mal Gewinne mitnehmen können