Investmentphilosophien bekannter Börsen-Gurus zu Gold und Silber
Nachfolgend werden die Anlagephilosophien einiger Investmentlegenden vorgestellt, um daraus Erkenntnisse zur Optimierung der Investmentstrategie im Edelmetallbereich abzuleiten:
Benjamin Graham war ein legendärer Investor. Seine Hauptverdienste resultierten aber vor allem aus seinen Arbeiten als Wirtschaftswissenschaftler, die Investoren bis heute stark beeinflussen.[1] Er wird als der Vater der fundamentalen Wertpapieranalyse und des sog. Value Investing angesehen. Zur Bewertung von Unternehmen verwendete er Kennzahlen wie Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV), Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), Kurs-Cash-Flow-Verhältnis (KCV), Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV), Dividendenrendite, Verschuldungsgrad, Eigenkapitalrendite, Gewinnwachstum, Ertragswert oder Liquidationswert. Er vertrat die Ansicht, dass eine Aktie nur dann kaufenswert sei, wenn sie an der Börse unter ihrem fundamentalen Wert gehandelt wird. Zu seinen Schülern an der Columbia University gehörte u.a. der wohl berühmteste Investor aller Zeiten, Warren Buffett.
Warren Buffett (der 1997 4 Tsd. Tonnen Silber kaufte, das er für unterbewertet hielt) ließ sich von seinem Studienmentor Benjamin Graham inspirieren.[2] Neben quantitativen Kriterien der fundamentalen Wertpapieranalyse legt Buffet Wert auf qualitative Kriterien wie die Qualität des Managements. Vor dem Kauf eines Wertpapiers sei dessen innerer Wert (intrinsic value) zu bestimmen. Investiert werden sollte nur, wenn der innere Wert den Börsenwert übersteigt. Buffett selbst erläuterte seine Philosophie wie folgt: „Wir investieren nur in ein Unternehmen, wenn wir (1) die Geschäfte verstehen, (2) die langfristigen Aussichten des Unternehmens gut sind (bewiesene Ertragskraft, gute Erträge auf das investierte Kapital, keine oder nur geringe Verschuldung, attraktives Geschäft), (3) das Unternehmen von kompetenten und ehrlichen Managern geleitet wird und (4) sehr attraktiv bewertet ist.“[3] Nach seiner Ansicht muss man bereit sein, sich auf wenige Beteiligungen zu konzentrieren. Eine übermäßige Diversifikation lehnt er ebenso ab wie Spekulation. Er sieht sich stattdessen als Investor, als Teilhaber weniger, handverlesener Unternehmen.
André Kostolany ist der populärste Börsenguru, der durch seine Börsenweisheiten bekannt wurde.[4] Kostolany vertritt die Ansicht, dass man sich intensiv mit einem Investment auseinandersetzen und dieses verstehen müsse. Für erfolgreiche Investmententscheidungen hielt er auch Intuition und Fantasie für wichtig. Man müsse die Fantasie haben, künftige Kurssteigerungen zu antizipieren, bevor alle dies erkennen, da die Kurssteigerungen dann bereits eingetreten seien.
Harry M. Markowitz erhielt 1990 für seine Arbeiten zum Portfolio-Management den Nobelpreis für Wirtschaft. Seine Investmentphilosophie fasst er wie folgt zusammen: „Ein gutes Portfolio ist mehr als eine lange Liste von Wertpapieren. Es ist eine ausbalancierte Einheit, die dem Investor gleichermaßen Chancen und Absicherung unter einer Vielzahl von möglichen zukünftigen Entwicklungen bietet. Der Anleger sollte daher auf ein integriertes Portfolio hinarbeiten, das seinen individuellen Erfordernissen Rechnung trägt.“[5]
Peter Lynch ist erfolgreicher Autor und Portfolio-Manager.[6] Er setzt mit seinem Value-Ansatz auf breite Diversifikation und Wachstumsaktien. Seine Anlagegrundsätze, die auf gesundem Menschenverstand und der Kenntnis psychologischer Faktoren beruhen, kennzeichnet er wie folgt:[7] (1) Verstehe, was Du besitzt. (2) Konzentriere Dich auf aktuelle Fakten, nicht auf die zeitverschwendende Vorhersage der Zukunft. (3) Du hast genug Zeit, herausragende Unternehmen zu identifizieren. (4) Vermeide Vermutungen und konzentriere Dich auf das Investieren. (5) Investiere in Unternehmen, die auch ein Dummkopf leiten könnte. (6) Sei flexibel, wenn die Annahmen nicht eintreffen, das Investment aber funktioniert – und umgekehrt. (7) Du musst die Beweggründe für einen Aktienkauf in drei Sätzen erklären können, sodass ein Elfjähriger sie versteht; verkaufe, sobald die Bedingungen nicht mehr gültig sind. (8) Der Schlüssel für die erfolgreiche Geldanlage ist nicht der Intellekt, sondern das Bauchgefühl.
Lehren aus den Anlagephilosophien der Investmentlegenden
Welche Lehren lassen sich aus den Anlagephilosophien der Investmentlegenden für Edelmetallinvestments ziehen? Im Folgenden werden zentrale Aspekte dieser Ansätze in eine stringente Reihenfolge gebracht – die zehn Gebote des Investierens in Edelmetalle:
- Ein Investment sollte nur dann eingegangen werden, wenn sein Marktpreis unter seinem fundamentalen inneren Wert liegt.
- Der Wert eines ins Auge gefassten Investments sollte anhand quantitativer und qualitativer Indikatoren bestimmt werden.
- Ein eingegangenes Investment muss man verstehen und die Beweggründe dafür in wenigen Sätzen verständlich erklären können.
- Vermutungen und zeitverschwendende Zukunftsprognosen sollte man vermeiden und sich auf aktuelle Fakten konzentrieren.
- Man hat viel Zeit, gute Investments zu finden, von bereits erfolgten Wertsteigerungen braucht man sich nicht abschrecken lassen.
- Von einem Investment muss man selbst überzeugt sein, ansonsten ist es kein gutes Investment, egal was andere sagen.
- Intuition, Fantasie und das Gefühl für marktpsychologische Faktoren sind wichtiger als Intellekt und Meinungen von Experten.
- Man sollte sich auf Beteiligungen konzentrieren, von deren langfristigen Erfolgsaussichten man selber überzeugt ist.
- Wenn die Voraussetzungen zum Eingehen des Investments nicht mehr gegeben sind, sollte man verkaufen.
- Man sollte das Investment nur dann beibehalten, wenn es funktioniert, auch wenn die ursprünglichen Erwartungen nicht eintrafen.
Dreierlei wird hierbei deutlich: (1) Investmentlegenden sehen vieles ähnlich, (2) die einzelnen Punkte sind einfach umzusetzen, wenn man sich die Zeit dazu nimmt, (3) die Liste kann 1 zu 1 auf Investments im Edelmetallbereich übertragen werden. Jeder muss natürlich selbst entscheiden, ob er die damit verbundenen Chancen wahrnimmt oder nicht, frei nach dem italienischen Philosophen Dante Alighieri: „Der eine wartet, bis die Zeit sich wandelt, der andere packt sie kräftig an und handelt.“[8]
Dieser Beitrag stammt von Dr. Jochen Dehio - Fachbuchautor des Buches "Gold oder Silber - wem gehört die Zukunft?".